Streit um Winterfütterung in Österreich entbrannt
In Österreich ist ein erbitterter Streit um die Winterfütterung der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) ausgebrochen. Anlass und Mittelpunkt des Streits ist eine Winterfütterung für Rotwild im Gasteiner Angertal, die durch eine online-Petition und einen Fernsehbericht in den vergangenen Wochen erhebliche mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Der Vorwurf: Trotz Jahrhundertwinters haben die staatlichen Forstbetriebe als Grundbesitzer und Jagdverpächter die Winterfütterung von Reh- und Rotwild teilweise untersagt oder eingestellt. Dadurch verhungere das Wild qualvoll, kritisieren die Jäger. Die Bundesforste widersprechen, der Waldbestand sei durch die Zunahme an Verbissschäden in Gefahr.
Mittlerweile hat auch das Landesverwaltungsgericht Salzburg die Wildschäden behördlich festgestellt. Dort heisst es, dass es „auf den Flächen durch massive Wildschäden – vorrangig verursacht durch Rotwild – großflächig zum Ausfall und Absterben von Forstkulturen gekommen ist“. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg selbst hat einen Zusammenhang mit der Fütterung festgestellt. Weiters hat das Gericht angeordnet, „eine Wildstandsreduktion auf ein für die Wiederbewaldung verträgliches Maß herbeizuführen.“.
Den Bericht des österreichischen Fernsehsenders Servus TV finden Sie hier.
Die Gegendarstellung der Österreichischen Bundesforste finden Sie hier.
Fotorechte: © Servus TV / Mabon
Winterfütterung
Winterfütterungen sind ein wirksames Instrument, um die räumliche Verteilung von Rotwild zu steuern. Darüber hinaus wird sie vor allem in den Alpen und den Mittelgebirgen als Kompensation für Winterlebensräume in den Tallagen angesehen, die durch Besiedelung, Verkehrswege und Stauseen verloren gegangen sind. Winterfütterung kann in diesen Regionen zur Minderung von Wildschäden beitragen und helfen, Energieengpässe bei den Tieren im Winter in Folge von menschlicher Beunruhigung wie z.B. durch Freizeitnutzung auszugleichen.
Andererseits können falsch oder missbräuchlich eingesetzte Fütterungen schwerwiegende Eingriffe in das natürliche Verhalten der Tiere darstellen. Auch wird diskutiert, ob Winterfütterung dazu beiträgt, die Nahrungsgrundlage des Lebensraumes künstlich anzuheben. Eine an dieser Lebensraumkapazität orientierte Wilddichte würde zu nachteiligen Auswirkungen auf die Vegetation im Sommer führen.
Ein an der Biologie des Rotwildes orientiertes Management nutzt alle Möglichkeiten, auf Winterfütterung zu verzichten. Voraussetzungen für ein konfliktarmes Überwintern von Rotwild sind eine angemessene Populationsgröße, ruhige Einstände und vor allem ausreichend verfügbare und zugleich schadlose Äsungskapazitäten im Winter. Ein naturnah aufgebauter, gut strukturierter Wald ist dabei weniger anfällig gegen den Fraßeinfluss durch Rotwild als Altersklassenwälder. Gleichzeitig bietet die Gestaltung von Waldinnenrändern mit Weichhölzern nicht nur dem Rotwild geeignete Winteräsung, sondern bildet insgesamt einen HotSpot für die Artenvielfalt in unseren Wäldern. Unbejagte Wildäsungsflächen, die vom Wild auch am Tag genutzt werden, sind das wichtigste Element für erfolgreiche Überwinterungskonzepte beim Rotwild. Ziel sollte es also sein, Situationen, in denen Winterfütterung erforderlich ist, deutlich zu minimieren. Gleichzeitig darf der Verzicht auf Winterfütterung auch nicht zum Dogma werden.
Wintergatter
In den Alpen werden immer mehr Fütterungsbereiche eingezäunt, aus denen das Wild erst entlassen wird, wenn reichlich Bodenäsung zur Verfügung steht Für den Wald sind Wintergatter eine Entlastung. Wenn sich das Wild jedoch frühzeitig einstellt, kann es nicht mehr bejagt und der Abschuss nicht erfüllt werden. Manche Revierinhaber nutzen Wintergatter dazu, einen höheren Wildbestand zu halten. Das Gattern wilder Tiere über etwa fünf Monate pro Jahr stößt auch auf ethische Einwände und ist für viele unvereinbar mit dem Wildtiercharakter. Die Tiere selbst finden allerdings ihr Ruhebedürfnis optimal befriedigt, weil sie vor Störungen sicher sind.