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Von (A)ustritt bis (Z)usammenarbeit: Aktuelles aus Hegegemeinschaften

Während sich die einen noch streiten, ziehen andere bereits an einem Strang: Vor einem halben Jahr hat der Arbeitskreis „Lebensraumkonzept für das Rotwildgebiet Wattenberg-Weidelsburg“ (Nordhessen) seine Arbeit aufgenommen. Neben der Hegegemeinschaft, dem Forstamt, Jägern und Landwirten sind in dem Arbeitskreis Wissenschaftler der Uni Kassel und weitere Naturschützer eingebunden. Ziel des Arbeitskreis ist, den Bestand an Rotwild zu erhalten und gleichzeitig seinen Lebensraum zu verbessern. Außerhalb des Waldes soll der Lebensraum zugunsten des Rotwildes verbessert werden, zum Beispiel durch Feldholzinseln und durch Wildruhezonen. Einen Artikel aus der HNA finden Sie hier.

In Sachsen führte ein unterlegener Antrag auf Abwahl des Vorstandes dagegen zum Austritt von drei Forstbezirken des Staatsbetriebes Sachsenforst aus der Hegegemeinschaft Erzgebirge. In der Hegegemeinschaft schwelt seit einigen Monaten ein Streit um die Abschussplanung und der Staatsbetrieb strebte die Ablösung des bisherigen Vorstandes an. Einen Artikel aus der Freien Presse finden Sie hier.

Bei vergleichsweise sehr niedrigen Wilddichten steht derzeit der Fortbestand eines Wintergatters in Oberbayern zur Diskussion. Der Forstbetrieb Ruhpolding will das Fütterungsangebot für Hirsche im Winter reduzieren und ein Wintergatter auflösen. Doch vor allem steht der fürs nächste Jahr angestrebte Abschusssoll in der Kritik: Der Kreisvorsitzende der Jägervereinigung Rosenheim befürchtet, dass die Wilddichte deutlich unter 10 Tiere pro 1.000 Hektar fallen wird. Einen Artikel aus der ovb-online finden Sie hier.

 

Rotwild als Landschaftspfleger?

Der Geschäftsbereich Bundesforst der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wird gemeinsam mit den Universitäten Göttingen und Dresden ab 2015 ein fünfjähriges Forschungsprojekt zum Einfluss von Rotwild auf Offenlandbiotope durchführen. Die Untersuchungen werden auf dem Truppenübungsplatz der US-Streitkräfte in Grafenwöhr durchgeführt.

Offene und halboffene Landschaften unterschiedlicher Größe und Ausprägung sind ein wichtiges Merkmal der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Das vorhandene Spektrum an ökologisch wichtigen Lebensräumen und Lebensgemeinschaften wurde maßgeblich von historisch gewachsenen, extensiven landwirtschaftlichen Nutzungssystemen geprägt. Die über lange Zeit konstante Nutzung und Gestaltung durch den Menschen ist eine wichtige Basis der heute in der Kulturlandschaft vorhandenen biologischen Vielfalt.

Aufgrund gravierender Veränderungen in der Landnutzung hat der Erhalt extensiv genutzter Offenlandlebensräume in den letzten Jahrzehnten massiv an Bedeutung gewonnen. Sie beinhalten zahlreiche seltene, streng geschützte Lebensraumtypen und sind Rückzugsräume für viele gefährdete Arten. Um die betreffenden Pflanzengesellschaften und den offenen Charakter der Flächen zu erhalten, ist ein laufender Entzug von Biomasse durch deren Nutzung oder regelmäßige Pflegeeingriffe erforderlich. Großflächige Schutz- und Managementkonzepte sind daher vergleichsweise aufwändig und kostenintensiv. Als ein in ökologischer Hinsicht zielführendes Instrument hat sich die extensive Beweidung mit robusten Rassen verschiedener Nutztierarten etabliert. Das System ist jedoch auch mit einigen Nachteilen behaftet und nicht auf allen Flächen realisierbar. Das gestalterische Potential wildlebender heimischer Huftiere wurde bisher kaum berücksichtigt.

Im Rahmen dieses Vorhabens soll daher untersucht werden, welchen Beitrag autochthone, freilebende Rothirschvorkommen zur Pflege von Offenlandbiotopen leisten können. Ziel des Projektes ist es den Zielerreichungsgrad und die Anwendbarkeit des Systems „Rothirschbeweidung“ zu klären und die für eine Umsetzung relevanten Wissensdefizite zu beseitigen. Als Projektgebiet wurde der von der US-Armee genutzte Truppenübungsplatz Grafenwöhr / Bayern ausgewählt. Der dort vorhandene Rothirschbestand nutzt aufgrund eines zielgerichteten Wildtiermanagements intensiv die offenen Teile des Lebensraumes. Über einen Zeitraum von insgesamt 5 Jahren sollen die Vegetationsentwicklung, das Raum-Zeit-Verhalten sowie die diesbezüglichen Wechselbeziehungen in zwei Teillebensräumen untersucht werden. Hierzu werden zwei feste Bezugsflächen mit unterschiedlichen standörtlichen Voraussetzungen und Vegetationstypen ausgewählt. In jeder der beiden Flächen werden bis zu 15 Rothirsche beider Geschlechter mit GPS-Sendern versehen und die vorhandenen Vegetationsgesellschaften sowie ihre Veränderung erfasst. Darüber hinaus werden auf Testflächen in beiden Lebensräume detailliert die Fraßeinwirkung auf die Vegetation ermittelt und Wechselwirkungen zusätzlicher gezielter Pflegemaßnahmen (Feuer, Mahd) mit der Beweidung durch Rothirsche untersucht.

Das Vorgehen liefert eine umfangreiche Datengrundlage zu Habitatnutzung und Habitatgestaltung von Rothirschen im Offenland und erlaubt so eine umfassende Erprobung, Analyse und Bewertung des Beweidungssystems sowie ergänzender Steuerungsinstrumente. Abschließend sollen konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet und bei entsprechender Ergebnislage ein konzeptioneller Rahmen für die praktische Umsetzung in anderen Lebensräumen entwickelt werden. Gefördert wird das Pilotprojekt aus Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank.