Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zur Reform des Bundesjagdgesetz

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat Ende Juli einen Vorschlag zur Reform des Bundesjagdgesetz vorgelegt. Am 28. August wird er von den betroffenen Verbänden diskutiert. Im Mittelpunkt des Streits: Wie viel Wild darf im Wald noch leben? „Weil unser Wald durch Trockenheit und Borkenkäfer schwer geschädigt ist, soll nun verstärkt zur Jagd auf Rehe und Hirsche geblasen werden“, kritisiert Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Geplant ist ein unbegrenzter Abschuss von Rehen, die nach Ansicht vieler Förster und Waldbesitzer den Baumnachwuchs in unseren Wäldern auffressen. „Dabei ignoriert der Gesetzgeber, dass nach den Ergebnissen der Bundeswaldinventur bereits heute auf jedem Hektar Wald durchschnittlich über 4.000 junge Bäume stehen, die nicht vom Wild verbissen sind“, so Münchhausen. Insgesamt stehen damit fast 50 Milliarden junge Buchen, Fichten, Eichen, Eschen, Ahorne, Tannen und andere Baumarten in den Startlöchern, die unseren Wald für morgen bilden.

Das Reh als Sündenbock im Bundesjagdgesetz

Mit dem Entwurf des Bundesjagdgesetz wird das Reh aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung zum Sündenbock gemacht. Selbstverständlich können sich unsere Wälder auch dann natürlich verjüngen, wenn Wildtiere in einer artgerechten Alters- und Sozialstruktur in ihnen leben. Ein einmal verbissener Baum ist nicht gleich tot, sondern sein Wuchs nur verzögert. Der natürliche Prozess der Waldverjüngung dauert Jahrzehnte. Dort, wo menschliche Ungeduld dies beschleunigen möchte, könnte auch unter den derzeitigen Regelungen des Bundesjagdgesetz eine ausreichende Anzahl an Rehen erlegt werden. Wer jedoch Baumarten, die derzeit in den Wäldern nicht vorhanden sind, ohne Schutzmaßnahmen etablieren möchte, der fordert nicht weniger, als das Reh auszurotten. Denn als Feinschmecker stürzt es sich immer zuerst auf die seltenen Leckerbissen in seinem Lebensraum.

Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher mit Blick auf die Reform des Bundesjagdgesetz, dass der Abschuss von Rehen auch zukünftig begrenzt sein muss. Die Höhe des Abschusses sollte, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, jeweils durch Grundstückseigentümer und Jäger gemeinsam festgelegt werden. Aus Sicht der Stiftung fehlen im Reformvorschlag jedoch Ansätze dafür, wie auch die Lebensbedingungen der Wildtiere verbessert werden könnten. „Ein modernes Bundesjagdgesetz müsste nicht forstwirtschaftlichen Zielen, sondern wildbiologischen Erkenntnissen folgen“, sagt der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Denn Ursache für zu starken Verbiss von jungen Bäumen durch Wild ist nicht allein die Höhe des Wildbestands, sondern auch die Stärke des Jagddrucks oder das Angebot alternativer Nahrung. Erst ein Bundesjagdgesetz, das auch die Belange der Wildtiere stärkt, führt zu einem gerechten Ausgleich zwischen Wald und Wild.

Hier finden Sie die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zur geplanten Änderung des Bundesjagdgesetz.

Kahlwildjagd im August: die tierschutzgerechte Alternative

Am 1. August beginnt in fast allen Bundesländern die Jagd auf weibliches Rotwild. Wurde die Kahlwildjagd im August bis vor einigen Jahren noch mit Verweis auf die Verwertbarkeit von Kälbern vehement abgelehnt, wird sie heute mehr und mehr als tierschutzgerechte Alternative bei der Kahlwildjagd akzeptiert und eingesetzt. Durch die noch immer kurzen Nächte und die enge Bindung zwischen Alttier und Kalb ist zu keiner anderen Jahreszeit die Chance größer, Kalb-Alttier-Doubletten zu erlegen. Damit wird ein hoher Anteil an Zuwachsträgern zur Strecke beigetragen, ohne das Verwaisen von Rotwilkälbern in Kauf zu nehmen. Denn ein hoher Abschuss von Alttieren kann zwar auch durch die Freigabe „einzeln gehender Alttiere“ auf Gesellschaftsjagden erreicht werden – tierschutzgerecht ist diese Jagd allerdings erst, wenn keine verwaisten Kälber zurückbleiben. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass dies keinesfalls sichergestellt ist.

Spätsommerliche Kahlwildjagd als Element von Reduktionsprojekten

Die Deutsche Wildtier Stiftung hat in der Zeitschrift AFZ-Der Wald Nr. 9/ 2020 gemeinsam mit dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover einen Artikel über die Abschussstruktur von Rotwild im Rahmen von Reduktionsprojekten veröffentlicht. Die Auswertung von über 50.000 Abschüssen aus Deutschland und Österreich untermauert, das die Kahlwildjagd im Spätsommer ein ganz wesentliches Element für ein tierschutzgerechtes Reduktionsprojekt ist. Reviere, in denen erfahrene und qualifizierte Jäger im August intensiv auf Kahlwild jagten, lieferten einen deutlich höheren Anteil an Alttieren an der Gesamtstrecke, als Reviere, in denen kaum oder garnicht im August gejagt wurde. Durch den bereits erfolgten Abschuss im Spätsommer konnten außerdem einzeln gehende Alttiere auf Bewegungsjagden konsequent geschont werden, wodurch das Risiko des Verwaisens von Rotwildkälbern minimiert wurde.

Hier finden Sie den vollständigen Artikel zur Abschussstruktur von Rotwild im Rahmen von Reduktionsprojekten:

Kinser, A.; Wölfing, B.; Münchhausen, H.Frhr.v.; Gräber, R. & Siebert, U. (2020): Abschussstruktur für Reduktionsprojekte beim Rotwild. AFZ-Der Wald 9/2020, 34-37.

Kahlwildjagd auf Gut Klepelshagen

Die früher oft ins Feld geführte Gefahr einer Gesäugeentzündung (Mastitis) beim Alttier im Fall des Verlustes ihres Kalbes ist bei der Kahlwildjagd im August ebenso wenig zu erwarten (s. DEUTZ & SCHAWALDER 2018) wie eine stille Brunft oder gar die Aufgabe traditioneller Brunftplätze. Zum Beispiel ist das Gut Klepelshagen der Deutschen Wildtier Stiftung für seine Möglichkeit bekannt, die Rotwildbrunft bei Tageslicht im Offenland zu erleben. Was kaum einer ahnt: Seit ein paar Jahren werden jährlich über 70 % des deutlich steigenden Jahresabschusses bis Ende September geliefert. Durch eine kluge Jagdstrategie haben diese Abschüsse der erlebbaren Brunft im Offenland keinen Abbruch getan. Ganz nebenbei wurde in den vergangenen 10 Jahren bei einer Gesamtstrecke von fast 500 Stück Rotwild ein einziges Stück im Januar erlegt – ein altkrankes Schmalttier.

Kahlwildjagd

Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert in ihrer Bad Driburger Erklärung, dass Rotwildreduktion niemals ein Dauerzustand sein darf, sondern als ein zeitlich und räumlich begrenztes Projekt mit gezielt einzusetzenden Instrumenten verstanden werden muss. Ein ganz wesentliches Element ist dabei die Kahlwildjagd gleich ab dem 1. August, um tierschutzgerecht einen hohen Anteil Zuwachsträger zur Strecke beizutragen.

Effektivität neuer Hegerichtlinien fraglich

Deutlich hinterfragt werden müssen Regelungen, die zwar einen höheren Abschuss fördern, die jedoch gleichzeitig tendenziell geringe Eingriffe bei den Zuwachsträgern provozieren. So hat die neue Hegerichtlinie für Schalenwild in Hessen der Hegegemeinschaft Riedforst zwar im vergangenen Jagdjahr eine neue Rekordstrecke gebracht, an Alt- und Schmaltieren wurden aber absolut sogar weniger geschossen als im Vorjahr. Eine sehr deutliche Abschusssteigerung hat dagegen die Altersklasse der Spießer mit +62 % und die der jungen Hirsche mit knapp +30 % erfahren. Der Abschuss der Kälber blieb nahezu identisch. Das auf diese Weise langfristig keine Rotwildpopulation reduziert werden kann, ist jedem Milchmädchen klar.

Beweidung durch Rotwild erhöht Pflanzendiversität im Offenland

Forscher der Universität Göttingen konnten nachweisen, dass die Beweidung durch Rotwild günstige Auswirkungen auf unterschiedliche Offenlandlebensräume mit sich bringt. In eingezäunten Flächen war die Pflanzendiversität im Grünland nach drei Jahren fehlender Rothirschbeweidung signifikant zurückgegangen. Die Ergebnisse aus einem dreijährigen Ausschlussexperiment zeigen, dass Wildtierbeweidung eine effektive und praktikable Naturschutzmaßname in Gebieten mit eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten sein kann.

Beweidung durch große Pflanzenfresser

Viele Pflanzen- und Tierarten sind an naturnahe Offenlandschaften gebunden, die durch traditionelle landwirtschaftliche Nutzungsformen während der vergangenen Jahrhunderte entstanden sind. Diese zum Teil besonders artenreichen Lebensräume zu erhalten, ist eine große Herausforderung für den Naturschutz. Um dem anhaltenden Rückgang extensiv bewirtschafteter und naturnaher Offenlandlebensräume und den dort vorkommenden Arten entgegenzuwirken, muss auf geeigneten Flächen ein Naturschutzmanagement betrieben werden. Als ein sehr erfolgreiches Managementinstrument im Naturschutz hat sich die Beweidung mit robusten Nutztierrassen erwiesen. Große Pflanzenfresser wie etwa Rinder oder Schafe können die Vegetationsstruktur und die Diversität der Pflanzengesellschaften im Offenland durch Tritt, Verbiss und Samenverbreitung positiv beeinflussen. Allerdings lässt sich eine Beweidung mit Nutztieren nicht in Gebieten umsetzen, die Zugangsbeschränkungen unterliegen. Aus diesem Grund sollte in einer Studie der Abteilung Graslandwissenschaft der Universität Göttingen untersucht werden, ob auch wildlebende Pflanzenfresser zum Erhalt charakteristischer Offenlandgesellschaften beitragen können. Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr bot dafür beste Bedingungen.

Um festzustellen, welchen Einfluss die Rothirsche auf die Vegetation haben, wurden in Mageren Flachlandmähwiesen und Trockenen Europäischen Heiden (FFH-Lebensraumtypen 6510 und 4030) 15 bzw. acht Ausschlusszäune aufgestellt. Gleichzeitig wurden offene, für das Rotwild durchgängig frei zugängliche Aufnahmeflächen ausgewiesen. Über einen Zeitraum von drei Jahren wurde die Höhe von Vegetation und Streuschicht gemessen, der Deckungsanteil von Offenboden und der Ertragsanteil der Besenheide geschätzt und die Individuenzahl verholzender Pflanzen gezählt. Außerdem wurde die Diversität und Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaften vor Beginn des Experiments im Jahr 2014 und nach drei Jahren Rothirschausschluss im Jahr 2018 verglichen.

Auswirkungen der Rotwildbeweidung

In den eingezäunten Flächen war die Pflanzendiversität im Grünland nach drei Jahren fehlender Rotwildbeweidung signifikant zurückgegangen. Es wurde sowohl in den Wiesen als auch in den Heiden eine veränderte Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften sowie eine Zunahme der Höhe von Vegetation und Streuschicht nachgewiesen. Außerdem ging in den Heiden innerhalb der Zäune der Anteil offenen Bodens zurück, während die Anzahl an Gehölzen stark zunahm. Diese Veränderungen in den eingezäunten Flächen deuten auf eine beginnende Entwicklung zu einer eher geschlossenen Strauch- oder Waldvegetation hin. Damit wurde der naturschutzfachliche Wert der Offenlandlebensraumtypen in den von der Rotwildbeweidung ausgeschlossenen Flächen gemindert.

Neben den generellen Auswirkungen der Rothirschbeweidung auf die Vegetation wurde auch untersucht, ob und wie sich die Intensität der Beweidung beeinflussen lässt. Rotwild bevorzugt frische Vegetation, welche beispielsweise wieder aufwächst, nachdem Biomasse etwa durch Brennen oder Mähen entfernt wurde. Vor diesem Hintergrund wurden in den Wiesen Brand und Mahd als zusätzliche Pflegemaßnahmen mit einbezogen. Je fünf der Paare aus offener und eingezäunter Aufnahmefläche wurden einmal jährlich gebrannt bzw. gemäht, die restlichen fünf verblieben ungepflegt. Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass die stärksten Unterschiede in der Vegetationsstruktur und –diversität zwischen eingezäunten und kontinuierlich beweideten Flächen in den gemähten Wiesen auftraten. Mit Hilfe von Wildkameras konnte nachgewiesen werden, dass sich die Rothirsche tatsächlich mehr auf den gemähten als auf anderen Flächen aufhielten. Daher scheint es möglich zu sein, die Habitatnutzung von Rothirschen durch das Mähen ausgewählter Flächen zu beeinflussen.

Insgesamt konnte die Studie nachweisen, dass die Beweidung wildlebender Rothirsche günstige Auswirkungen auf unterschiedliche geschützte Offenlandlebensräume mit sich bringt. Wildtierbeweidung erscheint daher als eine effektive und praktikable Naturschutzmaßname, die insbesondere für große Gebiete mit eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten geeignet ist.

Zu der vollständigen Studie gelangen Sie hier:

Friederike Riesch, Bettina Tonn, Hans Georg Stroh, Marcus Meißner, Niko Balkenhol & Johannes Isselstein (2020). Grazing by wild red deer maintains characteristic vegetation of semi‐natural open habitats: Evidence from a 3‐year exclusion experiment. Applied Vegetation Science. doi:10.1111/avsc.12505

 

 

Neue Jagdzeiten: Ein Minister auf dem Irrweg

Deutsche Wildtier Stiftung kritisiert die Verlängerung der Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern

 Hamburg, 27.03.2020. Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April wird Mecklenburg-Vorpommern mit die längsten Jagdzeiten in Deutschland haben. Ob die Verlängerung der Jagdzeiten das richtige Mittel ist, um überhöhte Wildbestände abzubauen, stellt die Deutsche Wildtier Stiftung in Frage, so der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr von Münchhausen.

Mit der neuen Verordnung beginnt die Jagdzeit auf Jährlinge beim Rot-, Dam- und Rehwild bereits am 16. April und soll bis zum 31. Januar andauern.  „Die Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt einen früheren Beginn der Jagdzeit auf einjähriges Rot- und Damwild, jedoch erst ab dem 1. Mai.“ Der Rehbock ist nach der neuen Regelung 9,5 Monate zum Abschuss freigegeben. Das ist ein Negativrekord, den Mecklenburg-Vorpommern im bundesweiten Vergleich erreicht. „Das Management von Wild in unserer Kulturlandschaft und die Reduktion hoher Wildbeständen sind anspruchsvolle Aufgaben, die weit über das Totschießen von Wildtieren hinausgehen“, so Münchhausen. „Der Fokus auf die Verlängerung der Jagdzeiten bringt nicht die notwendigen Erfolge, wenn nicht alle jagdlichen Mittel vorher ausgeschöpft werden. Verlängerte Jagdzeiten führen zu mehr Störungen der Wildtiere mit der Konsequenz von scheuem Wild, das in den Wäldern steht und dort Bäume verbeißt.“

Lesen Sie hier die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zum Entwurf der neuen Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern.

Der zuständige Minister ignoriert mit seiner Entscheidung sowohl wildbiologische Erkenntnisse als auch die Einwände des Landesjagdverbandes. Er vertritt einseitig die Interessen von Privatwaldbesitzern und der Landesforst und vermittelt, dass hohe Wildbestände alleine durch längeren Jagddruck reduziert werden können. Die Praxis zeigt aber, dass der hohe Abschuss von Rot-, Dam- und Rehwild auch innerhalb einer kurzen Jagdzeit gelingen kann. „Auf dem Gutsbetrieb der Deutschen Wildtier Stiftung werden 65 Prozent des gesamten Jahresabschusses im August und September und damit in zwei Monaten erreicht. Im Januar herrscht Jagdruhe und wir werden auch im April nicht auf Rot- und Rehwild jagen“, betont Münchhausen.

Wege zu einer tierschutzgerechten Rotwildreduktion hat die Deutsche Wildtier Stiftung auf ihrem 9. Rotwildsymposium aufgezeigt. Das zentrale Instrument einer als Projekt verstandenen Reduktion ist dabei die Spätsommerjagd auf Kahlwild.

Den Tagungsband „Der Rothirsch in der Überzahl“ können Sie hier bestellen.

 

 

Röhr es raus! Petition zur Abschaffung von Rotwildbezirken läuft weiter

Der Rothirsch darf in Baden-Württemberg nur in fünf gesetzlich festgelegten Rotwildbezirken existieren. Sie umfassen etwa 4 % der Landesfläche. Kein anderes Bundesland gibt dem Hirsch so wenig Platz zum Leben. Deshalb fordern wir: Mehr Lebensraum für den Hirsch in Baden-Württemberg!

Geben Sie dem Rothirsch Ihre Stimme und unterstützen Sie damit die Petition der Deutschen Wildtier Stiftung!

Hier klicken und zur Petition gelangen: www.HilfdemHirsch.org

Rotwildbezirke Baden-Württemberg

Die Rotwildgebiete in Baden-Württemberg sind der Odenwald, der Nord- und Südschwarzwald, der Schönbuch und die Adelegg im Allgäu.

Die bestehende „Rotwildrichtlinie“ auf Basis einer völlig veralteten gesetzlichen Regelung von 1958 läuft im November 2020 aus. Sie darf aus unserer Sicht nicht verlängert werden! Denn sie verpflichtet Jäger dazu, 96 % der Landesfläche hirschfrei zu halten und die Art außerhalb der Rotwildgebiete auszurotten. So verhindert sie die natürlichen Wanderbewegungen der Tiere, den genetischen Austausch der Populationen und die Besiedlung neuer Landschaften. Der Grund: Forst- und Landwirtschaft haben Angst, dass Hirsche junge Bäume und landwirtschaftliche Kulturpflanzen fressen. In anderen Bundesländern findet daher ein Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Menschen und den Bedürfnissen der Wildtiere statt. Unterzeichne jetzt diese Petition, um die Politik in Baden-Württemberg zum Umdenken zu bewegen!

Wir fordern, die Lebensräume für den Rothirsch in Baden-Württemberg auszuweiten. Er soll im gesamten Schwarzwald ebenso leben dürfen wie auf der Schwäbischen Alb und in weiteren geeigneten Gebieten. Der Hirsch ist ein faszinierendes Wildtier, eine Bereicherung der Artenvielfalt im „Ländle“ und ein großartiges Erlebnis für jeden Naturfreund. Wir sind davon überzeugt: Ein Miteinander von Hirsch und Mensch ist auch in Baden-Württemberg möglich.

 

12 Leitsätze für die Zukunft der Jagd

Für viele Menschen beinhaltet Jagd Leidenschaft, Passion und vor allem Engagement – für unsere Flora und Fauna. Deswegen unterstützt die Deutsche Wildtier Stiftung die Initiative Waidgerechte Jagd. Sie steht für ein aufgeklärtes Bild der Jagd, das durch aktiven Tier- und Naturschutz Lebewesen, Gesellschaft und Jäger eint. Die Mission der Initiatoren ist, Jägern einen Wertekompass für ihre jagdliche Praxis und Nichtjägern Informationen über eine aufgeklärte und moderne Form der Jagd auf der Homepage zu bieten. Die Initiative hat 12 Leitsätze zur Waidgerechten Jagd entwickelt, die auf der Homepage vorgestellt und in Blogbeiträgen mit Leben gefüllt werden.

Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zum Entwurf neuer Jagdzeiten in M-V

Ende November 2019 hat sich das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit Vertretern von Umwelt-, Forst- und Jagdverbänden getroffen, um gemeinsame Strategien für waldangepasste Wildbestände zu entwickeln. Das am Ende der dreistündigen Veranstaltung erarbeitete Positionspapier wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung nicht mit unterzeichnet. In dem nun vorgelegten Verordnungsentwurf des MLU zur Änderung der Jagdzeiten in M-V soll die Jagdzeit für wiederkäuendes Schalenwild weiter verlängert werden – Mecklenburg-Vorpommern würde damit die längsten Jagdzeiten Europas erhalten.

Die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zu dem vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommerns erarbeiteten Vorschlag, die Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern zu verlängern und die Nachtjagd auf Schwarzwild weiter zu erleichtern, finden Sie hier.

Rotwildreduktion im Lechtaler Tötungsgatter

Im Tiroler Lechtal, keine 10 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, wurden in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 33 Stück Rotwild in einem extra errichteten Wildgatter getötet. Fotos zeigen Tiere mit zum Teil gebrochenen Unterkiefern, die zusammengedrängt an einem Zaun liegen. Die Tötung erfolgte auf Anweisung des Landesverwaltungsgerichtes zur Eindämmung der Tuberkulose (TBC), die in diesem Gebiet laut Aussage der Behörden besonders häufig vorkommt. Tatsächlich sollen fünf der 33 getöteten Tiere infiziert gewesen sein, in anderen Revieren ist die TBC-Infektionsrate deutlich geringer.

Der Bürgermeister der Gemeinde hatte Ende Januar in einem Brief an den zuständigen Bundesminister Alternativen zur Tötung im Gatter vorgeschlagen. Noch am Wochenende hatten Tierschützer versucht, mithilfe von Schildern die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die geplante Aktion zur TBC-Seuchenbekämpfung zu lenken um die Tötung zu verhindern. Für Entsetzen hat nun die Art und Weise der Umsetzung gesorgt: Tirols Landesjägermeister Anton Larcher schrieb auf Facebook „In 45 Minuten wurde hier die Reputation unseres Landes massiv und international beschädigt.“

Einen Fernsehbeitrag zu den Geschehnissen in Kaisers im Lechtal sehen Sie hier.

Tatsächlich lassen die Bilder aus dem Tötungsgatter darauf schließen, dass die Aktion entgegen eines ersten Statements des Landesveterinärdirektors keineswegs „schonend und tierschutzgerecht“ abgelaufen ist. Tirols Vize-Landeshauptmann Josef Geisler äußerte sich bereits dahingehend, dass die Methoden der Tötungsgatter nicht mehr zeitgemäß und abzulehnen sei. Für ihn steht fest, dass Tirol derartige Gatterabschüsse künftig verbieten wird.

Wege zu einer tierschutzgerechten Rotwildreduktion

In dem betroffenen Revier im Tiroler Lechtal wurden seit längerem die Mindestabschüsse, die im Seuchenfall in Österreich nach nach dem Tierseuchenrecht und nicht nach dem Jagdrecht vorgegeben werden, nicht erfüllt. Im ablaufenden Jagdjahr konnten in der Gemeindejagd Kaisers von den 58 mindestens zu erlegenden Tieren nur 38 erlegt werden. Das Reduktionsziel bei Rotwild im Hegegebiet Lechtal beträgt derzeit 5,1 Stück pro 100 ha Rotwildlebensraum und ist damit im Vergleich zu den meisten Revieren in Deutschland relativ hoch.

Die offensichtlich tierschutzwidrige Tötung von Rotwild im Lechtaler Gatter ist sicherlich das extremste Beispiel für die Folgen, die eine fehlgeschlagene Reduktion von Rotwild haben kann. Wege zu einer tierschutzgerechten Rotwildreduktion hat die Deutsche Wildtier Stiftung auf ihrem 9. Rotwildsymposium aufgezeigt. Das zentrale Instrument einer als Projekt verstandenen Reduktion ist dabei die Spätsommerjagd auf Kahlwild.

Den Tagungsband „Der Rothirsch in der Überzahl“ können Sie hier bestellen.

Tierschutzbedenken gegen Nicht-Erlegung von Rotwild

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Um die Wildschweinbestände mit Blick auf die an den Grenzen Deutschlands stehende ASP zu reduzieren, sind den Jagdbehörden derzeit viele Mittel recht: Die Jagd mit Scheinwerfern oder Nachtzieltechnik sind ebenso wenig ein Tabu wie Prämien auf den Abschuss von Wildschweinen. Die oberste Jagdbehörde des Landes Brandenburg hat nun einen noch deutlich weitergehenden Vorschlag gemacht, durch den unter der Bedrohung durch die ASP allerdings nicht die Jagd auf Wildschweine intensiviert werden soll – sondern die auf Rehe und Hirsche. „Mit Begründung der ASP-Prävention möchte das grün-geführte Landwirtschaftsministerium in Potsdam die Jagdzeit auf Reh-, Dam- und Rotwild um anderthalb Monate bis zum 29. Februar verlängern“, sagt Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz bei der Deutschen Wildtier Stiftung. In einem Schreiben vom 17.1. an die Jagdverbände in Brandenburg heißt es dazu lapidar, dass es „tierschutzrechtlich bedenklich“ sei, Rehe und Hirsche bei der Jagd auf Wildschweine nicht gleich mit zu erlegen, von denen es ja im Land sowieso zu viele gäbe. „Es ist schlicht unanständig, die ASP als Vorwand für eine intensivierte Jagd auf die von vielen Förstern ungeliebten Tierarten zu nutzen“, so Kinser weiter.

Mit Beginn der Setzzeit der Wildschweine etwa im Januar steigt auch die Gefahr von Fehlabschüssen führender Muttertiere, die ein Verwaisen und damit einen qualvollen Tod der Frischlinge zur Folge haben. Diese Gefahr ist gerade bei den sogenannten Drückjagden, die von der obersten Jagdbehörde im Land Brandenburg favorisiert werden, groß. Denn bei dieser Jagdart verlassen die Bachen häufig ihre gerade erst geborenen Frischlinge und kommen so einzeln und vermeintlich ohne Frischlinge vor die Schützen und werden erlegt. Die Deutsche Wildtier Stiftung empfiehlt zur ASP-Prävention dagegen in den Monaten Februar bis April vor allem die Jagd an Kirrungen, an denen selektiv die nicht-führenden bzw. männlichen Tiere erlegt werden können. Ganz im Gegensatz zu den Vorschlägen der obersten Jagdbehörde in Brandenburg sollte aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung die Jagd auf reine Pflanzenfresser wie Reh- oder Rotwild ruhen, da jeder erhöhte Energieverbrauch der Tiere automatisch zu einem erhöhten Nahrungsbedarf und damit zu erhöhten Fraßeinwirkungen an der Waldvegetation führt.

Unter Rindern: Zweiter Rothirsch gesellt sich zu Galloway-Herde

Seit Jahren ist der Zuzug dänischen Rotwildes in das nördliche Schleswig-Holstein ungebrochen. In den Landkreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg, die früher eher für ihre hohen Bestände an Niederwild bekannt waren, taucht immer wieder vereinzeltes Rotwild auf. Jährlich werden in beiden Landkreisen zusammen mittlerweile über 100 Tiere erlegt – Tendenz steigend. Sehr willkommen sind die Tiere dagegen auf Flächen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, die auf einem ehemaligen Standortübungsplatz nahe Flensburg auf über 300 Hektar eine halboffene Weidelandschaft mit Rindern und Koniks entwickelt hat. Das diese Landschaften den ursprünglichen Lebensräumen des Rotwildes in Europa entsprechen, zeigen mittlerweile zwei wild lebende Rothirsche, die sich der Galloway-Herde angeschlossen haben.

Schon seit über drei Jahren ist Rothirsch „Sven“ ein steter Begleiter der Rinderherde, der auch vor den Menschen kaum mehr Scheu zeigt. Neu hinzugezogen ist in diesem Jahr ein weiterer junger Rothirsch, der immer wieder die Nähe seines Artgenossen und vielleicht auch die der Rinder sucht. Ginge es nach dem Pächter der Flächen, dem Ökolandbaubetrieb Bunde Wischen, dann dürfte sich gerne langfristig ein Rotwildrudel auf den Flächen etablieren. Tunlichst meiden sollten die beiden jungen Rothirsche hingegen den Landkreis Nordfriesland: Dort wurden in der bisherigen Jagdsaison knapp 40 Stück Rotwild erlegt – darunter fast 35 Hirsche!