Einladung zum Online-Vortrag über Muttertierschutz auf Bewegungsjagden
Aufgrund der engen und langen Bindung zwischen Alttier und Kalb hat der Rotwildjäger eine besondere Verantwortung bei der Jagd auf Alttiere. Dies gilt vor allem für Bewegungsjagden, auf denen einzeln anwechselnde Alttiere erlegt werden dürfen. Diese Freigabe beruht meist auf der Annahme, dass Alttier und Kalb unzertrennlich sind und damit in der Regel gemeinsam anwechseln. Und sollte dann doch einmal entgegen dem gesetzlichen Eltern- oder Muttertierschutz (§ 22 Abs. 4 BJagdG) ein Alttier vor seinem Kalb erlegt worden sein, so das Kalkül vieler Jagdleiter, wird das verwaiste Kalb im Laufe der Jagd noch zur Strecke kommen.
Um zu überprüfen, wie hoch das Risiko des Verwaisens von Rotwildkälbern auf Bewegungsjagden ist, hat Olaf Simon, Mitbegründer und geschäftsführender Mitarbeiter am Institut für Tierökologie und Naturbildung in Hessen, den Gesäugestatus und die verwandtschaftlichen Beziehungen von bei Bewegungsjagden erlegten Alttieren und Kälbern analysiert. Die Ergebnisse dieser im Auftrag der Deutschen Wildtier Stiftung durchgeführten Studie werden nun auf einem Online-Vortrag erstmals vorgestellt.
„Risiko von Kälberwaisen bei Rotwild auf Bewegungsjagden – erste Ergebnisse einer Fallstudie“
am 07. Oktober 2021
von 17.00 bis 18.30 Uhr
Die Teilnahme ist kostenlos und alle Interessierten sind herzlich willkommen! (Anmeldung ist abgeschlossen)
Hintergrund
Bewegungsjagden sind im deutschsprachigen Raum eine übliche Jagdmethode, um störungsarm und effizient zu jagen und Rotwildbestände während kurzer Jagdzeiten im Herbst regulieren zu können. Die Freigabe umfasst dabei häufig Alttiere, die einzeln anwechseln und deren Verhalten darauf schließen lässt, dass sie nicht oder nicht mehr führen. SIMON & LANG (2019; im Tagungsband des 9. Rotwildsymposiums) gingen der Frage nach, wie groß der Anteil nicht-führender bzw. als Dublette mit ihrem Kalb erlegter Alttiere auf Bewegungsjagden ist und untersuchten dazu den Gesäugestatus von 368 in den Jahren 2006 bis 2017 auf Bewegungsjagden erlegten Alttieren. Dabei stellen die Autoren fest, dass nur etwa jedes fünfte auf Bewegungsjagden erlegte Alttier tatsächlich nicht mehr laktierend war. Über 50 % aller erlegten Alttiere waren am Tag der Jagd noch führend während das Schicksal ihrer Kälber gleichzeitig unbekannt blieb. Damit blieb auch unklar, ob der gesetzlich verankerte Muttertierschutz in diesen Fällen eingehalten wurde. Objektive Fakten, ob die führungslos gewordenen Kälber tatsächlich noch im Jagdverlauf erlegt werden, fehlten dazu bisher. Mittels genetischer Analyse von auf Bewegungsjagden gewonnenen Alttier- und Kalbproben konnte in der Fallstudie des Instituts für Tierökologie und Naturbildung nun erstmals geklärt werden,
- wie viele am Jagdtag führungslos gewordener Kälber den Jagdtag überlebt haben und verwaist zurück geblieben sind und
- wie hoch der Anteil derjenigen als Kalb-Alttier-Dubletten angegebenen Erlegungen ist, bei denen zwischen den erlegten Tieren keine direkten Verwandtschaftsbeziehungen vorhanden sind.
Um dem biologisch so wichtigen Muttertierschutz beim Rotwild gerecht zu werden, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung bereits seit Jahren, auf die Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere auf Bewegungsjagden im Oktober und November zu verzichten. Gleichzeitig plädiert sie für eine intensive Spätsommerjagd auf Kahlwild mit erfahrenen Jägern, um durch Kalb-Alttier-Dubletten noch vor der Brunft Alttiere tierschutzgerecht zu erlegen.