Aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung ist der so genannte Wald-Wild Konflikt kein Konflikt zwischen Wald und Wild, sondern zwischen den Menschen mit ihren unterschiedlichen Nutzungsinteressen. Um den Konflikt zwischen dem Lebensraum- und Nahrungsbedarf der Wildtiere und dem Nutzungsinteresse des Menschen in unserer Landschaft zu lösen, müssen sich politische Rahmenbedingungen und die Praxis der Landnutzung ändern. Den Konflikt zu lösen ist dabei nicht allein Aufgabe der Jagd, sondern eine gemeinsame Verantwortung von Grundeigentümern, den Land- und Forstwirten, den die Landschaft für Freizeitaktivitäten nutzenden Menschen und den Naturschützern.
Mit der „Münchener Erklärung für Wald und Wild“ hat die Deutsche Wildtier Stiftung auf ihrem 5. Rotwildsymposium (2010) Forderungen und Empfehlungen an Politik und Landnutzer formuliert.

„Münchner Erklärung für Wald und Wild“

der Deutschen Wildtier Stiftung und des Bayerischen Jagdverbandes e.V.
anlässlich des 5. Rotwildsymposiums (1.12. – 3.12.2010)

Präambel

Der so genannte Wald-Wild Konflikt ist kein Konflikt zwischen Wald und Wild, sondern zwischen den Menschen mit ihren unterschiedlichen Nutzungsinteressen. Wald und Wild sind nicht selbst in den Konflikt involviert, sondern Spielball der jeweiligen Partikularinteressen. Den Konflikt zu lösen ist nicht allein Aufgabe der Jagd, sondern eine gemeinsame Verantwortung von allen Menschen, die den Lebensraum von Wildtieren nutzen, insbesondere auch den Grundeigentümern, den Land- und Forstwirten, den die Landschaft für Freizeitaktivitäten nutzenden Menschen und den Naturschützern. Wissenschaft und Politik müssen dafür Grundlagen und Rahmenbedingungen schaffen.

Forderungen und Empfehlungen

Um den Konflikt zwischen dem Lebensraum- und Nahrungsbedarf der Wildtiere und dem Nutzungsinteresse des Menschen in unserer Landschaft zu lösen, müssen sich politische Rahmenbedingungen und die Praxis der Landnutzung ändern.

Forderungen an die Politik

  • Wildtiere und damit auch das Rotwild sind integraler Bestandteil des Waldökosystems. Die wirtschaftliche Nutzung des Waldes muss dem öffentlichen Interesse an einem gesunden und artenreichen Wildbestand Rechnung tragen.
  • Neben negativen sind auch positive Auswirkungen von Schalenwild auf die Artenvielfalt anzuerkennen.
  • Rotwild ist Leitart für den Biotopverbund. Rotwild-Lebensräume sind großräumig zu vernetzen und ihre Beschränkung auf Rotwildbezirke ist zu beenden. Faire Entschädigungsregelungen für wirtschaftliche Folgen von Fraßeinwirkungen des Rotwildes sind unter Einbeziehung der Allgemeinheit zu treffen.
  • Querungshilfen u.a. über Autobahnen müssen Wanderbewegungen dieser großräumig lebenden Wildart ermöglichen.
  • In Wäldern im Eigentum der öffentlichen Hand sind Wildruhezonen obligatorisch auszuweisen.
  • Für Land- und Forstwirte sind im Rahmen von freiwilligen Angeboten Anreize zu schaffen, um Lebensräume für Wildtiere zu verbessern.
  • Die Kompetenz von Hegegemeinschaften ist zu stärken und eine Pflichtmitgliedschaft von Revierinhabern fest zu legen.
  • Rotwild ist auf Grundlage eines von allen relevanten Akteuren miteinander entwickelten Konzeptes zu behandeln.
  • Modell- und Demonstrationsvorhaben für ein integratives Land- und Rotwildmanagement sind einzurichten.

Forderungen an die Jagdpraxis

  • Das Rotwild ist stets störungsarm und effizient zu bejagen.
  • Auf ganzer Fläche – auch außerhalb von Rotwildbezirken – muss die Bejagung auf Grundlage eines Ab-schussplans erfolgen. Abschussvorgaben sind zu erfüllen.
  • Die Jagdzeit auf Rotwild ist auch aus Tierschutzgründen auf den 31.12. zu begrenzen.
  • Das Nachtjagdverbot auf Rotwild ist konsequent einzuhalten.
  • Ausreichend Äsungsflächen sind von der Einzeljagd auszunehmen.
  • Wenn Rotwild gefüttert oder gekirrt wird, ist dies im Rahmen eines Rotwildkonzeptes (s.o.) großräumig zu koordinieren.
  • Die jagdliche Kompetenz von Jagdpächtern und Eigenjagdbesitzern muss durch Fortbildungsmaßnahmen kontinuierlich verbessert werden.

Forderungen an die Land- und Forstwirtschaft

  • Die Lebensräume für das Rotwild im Wald und im Offenland sind zu verbessern (u.a. durch waldbauliche Maßnahmen, Wildäsungsflächen, Waldrandgestaltung).
  • Die Fraßeinwirkungen von Schalenwild im Wald sind nicht daran zu bemessen, wie viele Bäume verbis-sen sind, sondern daran, ob ausreichend junge Bäume – entsprechend einem konkreten Waldbauziel – aufwachsen können.
  • Forderungen an Freizeitaktivitäten
  • Das freie Betretungsrecht der Natur ist ebenso mit Verpflichtungen zu verbinden wie dies bei der Sozialpflichtigkeit des Eigentums der Fall ist.
  • Freizeitaktivitäten und Tourismus sind an Rotwildkonzeptionen zu beteiligen.

Fazit

Wälder und die Feldflur sind unverzichtbare Lebensräume für unsere Wildtiere. Um unser Wild zu erhalten und ihm in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft eine Zukunft zu geben, sind ein fairer Umgang mit Wild und ein Zurücknehmen einseitiger wirtschaftlicher Maximalforderungen erforderlich.

Downloads

„Münchner Erklärung für Wald und Wild“
Cover Tagungsband 2010 SUnter dem Titel „Der Hirsch und der Wald – von einem abgeschobenen Flüchtling und seinem ungeliebten Exil“ stellen die Referenten des 5. Rotwildsymposiums Beiträge vor, wie das Miteinander von Wald, Wild und den Nutzungsinteressen des Menschen vereinbart werden kann. Die Beiträge unterstreichen, dass Ursache für den sogenannten Wald-Wild Konflikt auch ein fehlgeleiteter Waldbau, falsche Jagdstrategien oder ein ungelenkter Tourismus sein kann. Die Lösung des Konfliktes liegt immer in einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten.

Neben den Vorträgen enthält der Tagungsband auch Kurzbeiträge zu aktuellen Forschungsergebnissen aus der umfangreichen Posterausstellung.

Der Tagungsband „Der Hirsch und der Wald“ ist bereits vergriffen. Aus diesem Grund haben wir die Publikation hier für Sie zum Download bereit gestellt.