Wald und Wild! Und ein Konflikt?

DeWiSt_BJVDas 5. Rotwildsymposium, das die Deutsche Wildtier Stiftung gemeinsam mit dem Bayerischen Jagdverband veranstaltet hat, fand vom 1.-3. Dezember 2010 im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum in München statt. Über 250 Gäste aus ganz Deutschland, unter ihnen viele Waldbesitzer, Forstamtsleiter, Wildbiologen, Jagdpraktiker und Vertreter aus den Ministerien, verfolgten die Vorträge zu dem Thema „Der Hirsch und Wald – von einem abgeschobenen Flüchtling und seinem ungeliebten Exil“. Im Kern aller Beiträge ging es dabei um die Frage, wie das Miteinander von Wald und Wild besser als bisher mit den verschiedenen Nutzungsinteressen des Menschen am Wald vereinbart werden kann.

Durch mehrjährige Studien konnte beispielsweise Dr. Friedrich Völk von den Österreichischen Bundesforsten zeigen, dass das Waldschadensrisiko vor allem von der Art der Waldbestände beeinflusst sei. Sein Schluss: Durch höhere Laubholz-Anteile und mehrschichtige Bestände können Wald-Wildschäden stark eingeschränkt werden. Prof. Reimoser von der Veterinärmedizinischen Universität Wien warb in diesem Zusammenhang für Femelhiebe. Im Fazit seines Vortrages wies er vor allem auf die besondere Bedeutung von Kooperationen zwischen Waldbauern und Jägern im Spannungsfeld der Wildschäden hin. Letztlich sei auch der körperliche Nachweis des erlegten Wildes eine gute Methode, um für Transparenz zwischen den verschiedenen Akteuren zu sorgen. Für mehr Transparenz bei den Verbiss- oder Verjüngungsgutachten setzte sich Prof. Herzog von der TU Dresden ein.

Für einen fairen Umgang mit Schalenwild

Auch Sven Blomeyer, Vorstand der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern, sprach sich im Notfall für den körperlichen Nachweis zur Abschusskontrolle aus. Im Gegensatz zu anderen Forstverwaltungen bekannte er sich zu dem Grundsatz „Wald und Wild“, in dessen Rahmen Verjüngungen ohne Schutz aufwachsen müssen. Bei der künstlichen Einbringung besonders verbiss-gefährdeter Baumarten sind Schutzmaßnahmen aber im Sinne eines fairen Umgangs mit Schalenwild Ziel-führend.

Dr. Rudi Suchant und Friedrich Burghardt von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Baden-Württemberg stellten in ihren Vorträgen eine revierübergreifende Rotwildkonzeption für den Südschwarzwald vor, bei dem vor allem Belange des Tourismus berücksichtigt wurden. Friedrich Burghardt belegte dabei durch den gleichzeitigen Einsatz von Telemetrie und Fotofallen, wie intensiv Rotwild durch Jäger, Pilzsucher, Schneeschuhwanderer oder durch Geocaching gestört werden kann. Auch Dr. Michael Petrak unterstrich in seiner Präsentation den Zusammenhang zwischen Wildschadensrisiko und den Störungen im Lebensraum des Rotwildes durch Freizeitnutzung. In der Rotwildkonzeption, die mit allen beteiligten Akteuren abgestimmt wurde, erfolgt daher eine Zonierung des Rotwildgebietes mit verschiedenen Vorrang-Interessen (Wildruhezonen, Beobachtungsbereich etc.).

Marcus Meissner vom Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e.V. wies in seinem Vortrag über die Nutzung von Offenland durch Rotwild auf die besondere Bedeutung des Faktors Ruhe hin. Rotwild nutzt Offenland erst, wenn es sich sicher fühlt. Strukturelemente wie Gehölze werden dabei bevorzugt als Leitlinien und Deckungshabitate genutzt.

Den Abschluss des Symposiums bildete ein Vortrag über das Rotwild in Dänemark. Mads Flinterup vom Dänischen Jagdverband schilderte, dass derzeit der Bestand an Rotwild stark ansteige und Waldverjüngung in vielen Teilen des Landes unmöglich sei. Dies werde aber von den Waldbesitzern aufgrund sehr hoher Pachtpreise der Jagden nicht in Frage gestellt.

Downloads

Programm des 5. Rotwildsymposiums im Deutsche Jagd- und Fischereimuseum

Abschlusserklärung des 5. Rotwildsymposiums: „Münchener Erklärung für Wald und Wild“

Tagungsband „Der Hirsch und der Wald“

Cover Tagungsband 2010 SUnter dem Titel „Der Hirsch und der Wald – von einem abgeschobenen Flüchtling und seinem ungeliebten Exil“ stellen die Referenten des 5. Rotwildsymposiums Beiträge vor, wie das Miteinander von Wald, Wild und den Nutzungsinteressen des Menschen vereinbart werden kann. Die Beiträge unterstreichen, dass Ursache für den sogenannten Wald-Wild Konflikt auch ein fehlgeleiteter Waldbau, falsche Jagdstrategien oder ein ungelenkter Tourismus sein kann. Die Lösung des Konfliktes liegt immer in einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten.

Neben den Vorträgen enthält der Tagungsband auch Kurzbeiträge zu aktuellen Forschungsergebnissen aus der umfangreichen Posterausstellung.

 

Der Tagungsband „Der Hirsch und der Wald“ ist bereits vergriffen. Aus diesem Grund haben wir die Publikation hier für Sie zum Download bereit gestellt.

Inhalt

Vorwort (Deutsche Wildtier Stiftung)
Münchner Erklärung für Wald und Wild
Grußworte

Das Wild und die Zukunft des Waldes – Gedanken zur Wald-, Wild- und Klimadebatte (Prof. Dr. Josef H. REICHHOLF/ Ökologe, ehem. Leiter der Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung München)

Der Wald

Das Schalenwild aus der Kosten-Perspektive: Können wir uns den Rothirsch leisten? (Prof. Dr. Martin MOOG/ TU München)

Der Wald soll wachsen: was müssen forstliche Gutachten leisten? (Prof. Dr. Dr. Sven HERZOG /TU Dresden)

Das Wild

Frei lebende Huftiere und Biologische Vielfalt (PD Dr. Heinrich RECK/ Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)

Rotwild in offenen Landschaften – Rahmenbedingungen und Perspektiven (Marcus MEISSNER, Horst REINECKE, Ines THISSEN & Loretta BLUM/ Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e. V .)

Der Wald und das Wild … in der Praxis

Waldwirtschaft in einem Bundesland mit flächendeckender Rotwildverbreitung (Sven BLOMEYER /Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern)

Bedeutung von Waldstruktur und Rotwilddichte für die Schälschäden – Ergebnisse eines Vergleiches zwischen den Rotwild-Ländern im Ostalpenraum (Dr. Friedrich VÖLK/ Österreichische Bundesforste AG)

Der Umgang mit dem Rotwild aus Sicht eines forstlichen Praktikers (Gerhart ZWIRGLMAIER/ Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten)

Der Wald und das Wild … aus Sicht der Wissenschaft

Konflikte zwischen Mensch und Wild: gibt es Win-Win-Lösungen? (Prof. Dr. Friedrich REIMOSER/ Veterinärmedizinische Universität Wien und Universität für Bodenkultur Wien)

Wald vor Wild: mehr als steter Büchsenknall? (Dr. Rudi SUCHANT/ Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)

Der Rothirsch in den Medien (Michael MIERSCH/ FOCUS)

Der Wald und das Wild … der Einfluss von Tourismus, Freizeitnutzung und Jagd

Die Auswirkungen von Störungen auf das Nahrungsverhalten des Rothirsches (Dr. Michael PETRAK / Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung Nordrhein-Westfalen)

Die Verantwortung des Tourismus für einen Ausgleich zwischen Wald und Wild (Friedrich BURGHARDT/ Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)

Die Möglichkeiten jagdlichen Handelns zur Wildschadenvermeidung (Vollrad Ritter von POSCHINGER/ Bayerischer Waldbesitzerverband)

Wald und Wild – Das Projekt Wildtierland Gut Klepelshagen (Hilmar Frhr. v. MÜNCHHAUSEN, Christian VORREYER & Dr. Andreas KINSER/ Deutsche Wildtier Stiftung)

Der Wald und das Wild … ein Blick über Deutschlands Grenzen

Die Zukunft des Rotwildes in Dänemark (Mads FLINTERUP/ Dänischer Jägerverband)

Rotwild im tschechischen Grenzraum (Anton KRINNER/ Hochwildausschuss des BJV)

Posterpräsentationen

AFFOLTER, D.; HALLER, R. & SCHMID, C.: Developing an Ecological Continuum Suitability Index for the Alps – Acting with Indicators, Geodata and Web Map Tools.

BAULING, S.; RÜHE, F. & SABOROWSKI, J.: Wieviele alte Hirsche gibt es im Westharz?

BECKMANN, J.;. REINECKE, H.; MEISSNER, M. & HERZOG, S.: Sicherung genetischer Diversität beim Rothirsch in der Kulturlandschaft- Projektteil Rotwildmanagement.

CYRIACKS, P.; KRAMM, D.; RIEGER, S. & BEHRENDT, A.: Telemetrische Verhaltenserkennung bei Rotwild – Dreidimensionale Bewegungsdaten und deren Interpretation.

GERHARDT, P.; HOFMANN, J.M.; HOCHBICHLER, E. & HACKLÄNDER, K.: Waldstrukturanalyse zur Beschreibung von Rotwildhabitaten auf Windwurfflächen und in deren Umgebung.

GRÄBER, R.; SODEIKAT, G. & WEHRDEN, H.V.: Habitatnutzung von Rotwild im östlichen Niedersachsen – Einfluss von Straßen auf die Streifgebiete.

GÜNTHER, S.: Rothirsch auf neuen Wegen – wenn Wildnis an ihre Grenzen stößt.

HAYNES, A.; SCHÜTZ, M.; FILLI, F. & RISCH, A.C.: Does size really matter? The effects of herbivore body size on ecosystem processes.

HOFMANN, J. M.; STEYAERT, S.; GERHARDT, P.; HOCHBICHLER, E. & HACKLÄNDER, K.: Habitatwahl von Rotwild in den österreichischen Alpen.

HUPE, K; SIMON, O. & LANG, J.: Wo sind die Hirsche? Scheinwerferzählung auf Rotwild im Solling.

KINSER, A. & MÜNCHHAUSEN, H. FRHR. v.: Rotwildverbreitung in Deutschland.

KIRCHHOFF, E.G.J. & GRÄBER, R.: Raum-Zeitverhalten von Rotwild bei Störungen.

PETERS, S.; HOHMANN, U. & BEVANDA, M.: Rotwildverteilung im Winter – Erfassungsprobleme und Lösungsvorschlag bei geringer Dichte.

SIMON, O. & LANG, J.: Rotwild-Streckenentwicklung nach Einführung des körperlichen Nachweises im LMP Hochwald.

SIMON, O.; LANG, J. & GOEBEL, W.: Artenvielfalt auf Wildwiesen im LMP Osburg-Saar.

MEISSNER, M. & REINECKE, H.: Sicherung genetischer Diversität beim Rothirsch in der Kulturlandschaft – Projektteile Telemetrie und Datenanalyse.

NEUMANN, M.: Migrationen des Rothirsches in Thüringen.

RÜHE, F.; SCHOMAKER, P.; SCHULZ, R. & TRISL, O.: Risikofaktoren der Winterneuschäle im Westharz.

TROTHE, C.: Die Situation der Waldverjüngung im Bundesforstbetrieb Grafenwöhr unter Berücksichtigung des Grafenwöhrer Rotwildkonzeptes.

WAGNER, C. & ANSORGE, H.: Der Rothirsch als Wolfsbeute Beute – Prädation durch den Wolf in vier Gebieten mit Wolfs- und Rothirschvorkommen.

ZACHOS, F.: Sicherung genetischer Diversität beim Rothirsch in der Kulturlandschaft – Projektteil Genetik.

Zitiervorschlag

KINSER, A.; MÜNCHHAUSEN, H. FRHR. V. & REDDEMANN, J. (2011): Der Hirsch und der Wald – von einem abgeschobenen Flüchtling und seinem ungeliebten Exil. Tagungsband zum 5. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung vom 1. bis 3. Dezember 2010 im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum München, DEUTSCHE WILDTIER STIFTUNG & BAYERISCHER JAGDVERBAND E.V. (Hrsg.), ISBN 978-3-936802-11-5, 354 S.

Download

Der Hirsch und der Wald – von einem abgeschobenen Flüchtling und seinem ungeliebten Exil. Tagungsband zum 5. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung

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