Genetische Differenzierung von Rotwildpopulationen ist menschengemacht

In einem gerade erschienen Artikel im European Journal of Wildlife Research beschreiben Gerald REINER und Kollegen die genetische Differenzierung zwischen 19 Rotwildbezirken in Hessen. Dafür wurden insgesamt 1.291 Rotwildproben gesammelt und mit 16 Mikrosatellitenmarkern genotypisiert. Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine hohe genetische Differenzierung zwischen den meisten Rotwildbezirken. Vierzehn von ihnen lassen sich zu vier Regionen zusammenfassen, in denen regelmäßiger genetischer Austausch vorhanden ist. Fünf Gebiete sind weitgehend isoliert oder zeigen nur einen begrenzten Genfluss mit benachbarten Gebieten. Die effektive Populationsgröße, dass heißt die Anzahl der Tiere, die tatsächlich an der Reproduktion teilnehmen, war in zehn der 19 Rotwildbezirken geringer als 100. Die zur Aufrechterhaltung des evolutionären Potenzials erforderliche effektive Populationsgröße von mindestens 500 bis 1.000 Tieren wurde weder in den vier zusammengefassten Regionen mit genetischem Austausch, geschweige denn in den einzelnen Rotwildbezirken erreicht. Bereits 2019 hatten REINER & WILLEMS in einer durch die Deutschen Wildtier Stiftung unterstützten Veröffentlichung auf die Notwendigkeit zur Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität hingewiesen.

Die hohe genetische Differenzierung zwischen den Rotwildbezirken in Hessen kann mit dem Vorhandensein von Landschaftsbarrieren wie zum Beipiel Flüssen aber auch mit der Durchsetzung von „rotwildfreien“ Gebieten in Verbindung gebracht werden. Beides verhindert den Genfluss zwischen benachbarten Populationen. Um die genetische Vielfalt der Populationen und damit ihre Anpassungsfähigkeit an zum Beispiel klimatische Entwicklungen zu erhalten, sollte die genetische Konnektivität zwischen den Populationen verbessert werden. Maßnahmen dafür wären z.B. die Errichtung von Wildbrücken über unüberwindliche Verkehrstrassen und die grundsätzliche Schonung von jungen männlichen Individuen, die zwischen den gesetzlich festgelegten Rotwildbezirken wandern.

Den vollständigen Artikel im European Journal of Wildlife Research lesen Sie hier.

Reiner, G.; Klein, C.; Lang, M. & Willems, H. (2021): Human-driven genetic differentiation in a managed red deer population. European Journal of Wildlife Research, volume 67, Article number: 29.

 

Deutsche Wildtier Stiftung nimmt Stellung zum Nds. Jagdgesetz

Die Niedersächsische Landesregierung hat mit einem Anfang Februar vorgelegten Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz tiefe Abgründe betreten: Laut ihrem Gesetzentwurf soll der Abschuss führender Elterntiere zukünftig nicht wie bisher als Straftat geahndet, sondern sogar vollständig legalisiert werden, wenn das Elterntier nicht mehr „erkennbar“ zur Führung seines Nachwuchses notwendig ist. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat diesen Vorstoß in ihrer Stellungnahme zum Entwurf für ein neues Niedersächsisches Jagdgesetz scharf verurteilt. Weitere Kritikpunkte der Stiftung betreffen die vorgesehenen Regelungen zum waldbaulichen Ziel der Hege, zum Mindestabschussplan für Rehwild und die indirekte Wiedereinführung von Rotwildbezirken im Land.

Die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung finden Sie hier.