Verfressene Sau-Kampagne gestartet

„Verfressene Sau“!? Deutschlands größtes heimisches Wildtier ist deplatziert, heimatlos und bietet einen traurigen Anblick. Ein so mächtiges Tier auf Asphalt, vor Graffitis, an Bahngleisen – in einem Umfeld weit weg von seinem natürlichen Lebensraum. Mit diesem verstörenden Anblick will die Deutsche Wildtier Stiftung auf die winzigen Rotwild-Lebensräume vor allem in Baden-Württemberg aufmerksam machen. Am 29. September startet die Deutsche Wildtier Stiftung dafür eine große Plakat-Kampagne in der Stuttgarter Innenstadt und im und am Hauptbahnhof.

Die Deutsche Wildtier Stiftung kämpft damit gegen den Trend, den Rothirsch auf das Image eines Schädlings – als „Verfressene Sau“ – zu reduzieren. Denn Rothirsche sind ein faszinierender Bestandteil unserer heimischen Ökosysteme. Doch vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Bayern und anderen Bundesländern, darf der Rothirsch nur in sogenannten Rotwildbezirken leben. In Baden-Württemberg nehmen die fünf behördlich ausgewiesenen Rotwildbezirke zusammen gerade einmal 4% der Landesfläche ein – auf 96 % der Landesfläche muss Rotwild per Gesetz ausgerottet werden!

Am 30. November 2020 läuft die bisherige Rotwildrichtlinie aus, die dem Rothirsch so wenig Platz zum Leben gibt. Sie muss reformiert werden, denn sie verhindert die natürlichen Wanderbewegungen der Tiere, den genetischen Austausch und die Besiedlung neuer Landschaften. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert,

  • außerhalb der bestehenden Rotwildvorkommen grundsätzlich alle Rothirsche zu schonen, die sich entlang der Wildtierkorridore des Generalwildwegeplans von Baden-Württemberg bewegen,
  • die sofortige „Legalisierung“ von Rotwildvorkommen, die bereits heute außerhalb der fünf Rotwildbezirke existieren und
  • eine politische Agenda für mehr Rotwild-Lebensraum in Baden-Württemberg.

Unterstützen Sie uns dabei, dem Rothirsch eine Stimme zu geben.

Um die Politik in Baden-Württemberg zum Umdenken zu bewegen, hat die Deutsche Wildtier Stiftung eine Petition an Peter Hauk, den Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, gestartet. Geben Sie hier Ihre Stimme für den Rothirsch ab und unterstützen Sie damit unsere Forderung nach mehr Lebensraum für den Rothirsch in Baden-Württemberg.

Kahlwildjagd im August: die tierschutzgerechte Alternative

Am 1. August beginnt in fast allen Bundesländern die Jagd auf weibliches Rotwild. Wurde die Kahlwildjagd im August bis vor einigen Jahren noch mit Verweis auf die Verwertbarkeit von Kälbern vehement abgelehnt, wird sie heute mehr und mehr als tierschutzgerechte Alternative bei der Kahlwildjagd akzeptiert und eingesetzt. Durch die noch immer kurzen Nächte und die enge Bindung zwischen Alttier und Kalb ist zu keiner anderen Jahreszeit die Chance größer, Kalb-Alttier-Doubletten zu erlegen. Damit wird ein hoher Anteil an Zuwachsträgern zur Strecke beigetragen, ohne das Verwaisen von Rotwilkälbern in Kauf zu nehmen. Denn ein hoher Abschuss von Alttieren kann zwar auch durch die Freigabe „einzeln gehender Alttiere“ auf Gesellschaftsjagden erreicht werden – tierschutzgerecht ist diese Jagd allerdings erst, wenn keine verwaisten Kälber zurückbleiben. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass dies keinesfalls sichergestellt ist.

Spätsommerliche Kahlwildjagd als Element von Reduktionsprojekten

Die Deutsche Wildtier Stiftung hat in der Zeitschrift AFZ-Der Wald Nr. 9/ 2020 gemeinsam mit dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover einen Artikel über die Abschussstruktur von Rotwild im Rahmen von Reduktionsprojekten veröffentlicht. Die Auswertung von über 50.000 Abschüssen aus Deutschland und Österreich untermauert, das die Kahlwildjagd im Spätsommer ein ganz wesentliches Element für ein tierschutzgerechtes Reduktionsprojekt ist. Reviere, in denen erfahrene und qualifizierte Jäger im August intensiv auf Kahlwild jagten, lieferten einen deutlich höheren Anteil an Alttieren an der Gesamtstrecke, als Reviere, in denen kaum oder garnicht im August gejagt wurde. Durch den bereits erfolgten Abschuss im Spätsommer konnten außerdem einzeln gehende Alttiere auf Bewegungsjagden konsequent geschont werden, wodurch das Risiko des Verwaisens von Rotwildkälbern minimiert wurde.

Hier finden Sie den vollständigen Artikel zur Abschussstruktur von Rotwild im Rahmen von Reduktionsprojekten:

Kinser, A.; Wölfing, B.; Münchhausen, H.Frhr.v.; Gräber, R. & Siebert, U. (2020): Abschussstruktur für Reduktionsprojekte beim Rotwild. AFZ-Der Wald 9/2020, 34-37.

Kahlwildjagd auf Gut Klepelshagen

Die früher oft ins Feld geführte Gefahr einer Gesäugeentzündung (Mastitis) beim Alttier im Fall des Verlustes ihres Kalbes ist bei der Kahlwildjagd im August ebenso wenig zu erwarten (s. DEUTZ & SCHAWALDER 2018) wie eine stille Brunft oder gar die Aufgabe traditioneller Brunftplätze. Zum Beispiel ist das Gut Klepelshagen der Deutschen Wildtier Stiftung für seine Möglichkeit bekannt, die Rotwildbrunft bei Tageslicht im Offenland zu erleben. Was kaum einer ahnt: Seit ein paar Jahren werden jährlich über 70 % des deutlich steigenden Jahresabschusses bis Ende September geliefert. Durch eine kluge Jagdstrategie haben diese Abschüsse der erlebbaren Brunft im Offenland keinen Abbruch getan. Ganz nebenbei wurde in den vergangenen 10 Jahren bei einer Gesamtstrecke von fast 500 Stück Rotwild ein einziges Stück im Januar erlegt – ein altkrankes Schmalttier.

Kahlwildjagd

Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert in ihrer Bad Driburger Erklärung, dass Rotwildreduktion niemals ein Dauerzustand sein darf, sondern als ein zeitlich und räumlich begrenztes Projekt mit gezielt einzusetzenden Instrumenten verstanden werden muss. Ein ganz wesentliches Element ist dabei die Kahlwildjagd gleich ab dem 1. August, um tierschutzgerecht einen hohen Anteil Zuwachsträger zur Strecke beizutragen.

Effektivität neuer Hegerichtlinien fraglich

Deutlich hinterfragt werden müssen Regelungen, die zwar einen höheren Abschuss fördern, die jedoch gleichzeitig tendenziell geringe Eingriffe bei den Zuwachsträgern provozieren. So hat die neue Hegerichtlinie für Schalenwild in Hessen der Hegegemeinschaft Riedforst zwar im vergangenen Jagdjahr eine neue Rekordstrecke gebracht, an Alt- und Schmaltieren wurden aber absolut sogar weniger geschossen als im Vorjahr. Eine sehr deutliche Abschusssteigerung hat dagegen die Altersklasse der Spießer mit +62 % und die der jungen Hirsche mit knapp +30 % erfahren. Der Abschuss der Kälber blieb nahezu identisch. Das auf diese Weise langfristig keine Rotwildpopulation reduziert werden kann, ist jedem Milchmädchen klar.

Jagdgeschichte aus den Bayerischen Staatsforsten: Zwei Juni-Alttiere an einem Abend

Die „Wild und Hund“ berichtet auf ihrer online-Seite eine traurige Jagdgeschichte aus den Bayerischen Staatsforsten: An einem Abend wurden dort von einem ehemaligen Förster gleich zwei Juni-Alttiere geschossen. Demnach hatten Spaziergänger am 21. Juni im Wald der Bayerischen Staatsforsten bei Garmisch-Partenkirchen ein säugendes Alttier mit einer Schussverletzung gefunden. Um den Schützen zu ermitteln, kontrollierten Beamte der örtlichen Polizeiinspektion unter anderem das Wildeingangsbuch der nächstgelegenen Wildkammer im BaySF-Betrieb Oberammergau. Dadurch konnte ein ehemaliger Förster und Begehungsscheininhaber des fraglichen Gebiets ermittelt werden, der zum betreffenden Zeitpunkt ein vermeindliches Schmaltier, dass sich bei der Fleischbeschau als nicht führendes Alttier erwies, in der Kammer angeliefert hatte. Laut Polizei sei er geständig, auch das führende Alttier erlegt zu haben.

Der Version des Schützen zufolge habe er am 19. Juni auf ein als Schmaltier angesprochenes Stück geschossen, das in eine Dickung absprang. Als kurz darauf erneut ein weibliches Stück aus dieser Dickung zog, glaubte er, dasselbe Stück vor sich zu haben und schoss erneut. Das von ihm in die Wildkammer gelieferte nicht-führende Alttier wies allerdings nur einen einzelnen Schuss auf. Infolgedessen habe er am Folgetag das erste Stück nachgesucht, allerdings erfolglos.

Spaziergänger fanden dann das führende Alttier am 21. Juni rund 200 Meter von der fraglichen Dickung entfernt. Es war laut Polizei spitz von vorn beschossen worden, da ein Ein- aber kein Ausschuss vorhanden war. Die Polizei hat eine Anzeige wegen Schonzeitvergehen an die Staatsanwaltschaft München II weitergeleitet. Der Schütze wird sich zudem wegen Verstoßes gegen den Muttertierschutz verantworten müssen. Unbestätigten Berichten zufolge habe er darüber hinaus im Wildeingangsbuch fälschlicherweise seinen Sohn als Erleger eingetragen.

Neue Jagdzeiten: Ein Minister auf dem Irrweg

Deutsche Wildtier Stiftung kritisiert die Verlängerung der Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern

 Hamburg, 27.03.2020. Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April wird Mecklenburg-Vorpommern mit die längsten Jagdzeiten in Deutschland haben. Ob die Verlängerung der Jagdzeiten das richtige Mittel ist, um überhöhte Wildbestände abzubauen, stellt die Deutsche Wildtier Stiftung in Frage, so der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr von Münchhausen.

Mit der neuen Verordnung beginnt die Jagdzeit auf Jährlinge beim Rot-, Dam- und Rehwild bereits am 16. April und soll bis zum 31. Januar andauern.  „Die Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt einen früheren Beginn der Jagdzeit auf einjähriges Rot- und Damwild, jedoch erst ab dem 1. Mai.“ Der Rehbock ist nach der neuen Regelung 9,5 Monate zum Abschuss freigegeben. Das ist ein Negativrekord, den Mecklenburg-Vorpommern im bundesweiten Vergleich erreicht. „Das Management von Wild in unserer Kulturlandschaft und die Reduktion hoher Wildbeständen sind anspruchsvolle Aufgaben, die weit über das Totschießen von Wildtieren hinausgehen“, so Münchhausen. „Der Fokus auf die Verlängerung der Jagdzeiten bringt nicht die notwendigen Erfolge, wenn nicht alle jagdlichen Mittel vorher ausgeschöpft werden. Verlängerte Jagdzeiten führen zu mehr Störungen der Wildtiere mit der Konsequenz von scheuem Wild, das in den Wäldern steht und dort Bäume verbeißt.“

Lesen Sie hier die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zum Entwurf der neuen Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern.

Der zuständige Minister ignoriert mit seiner Entscheidung sowohl wildbiologische Erkenntnisse als auch die Einwände des Landesjagdverbandes. Er vertritt einseitig die Interessen von Privatwaldbesitzern und der Landesforst und vermittelt, dass hohe Wildbestände alleine durch längeren Jagddruck reduziert werden können. Die Praxis zeigt aber, dass der hohe Abschuss von Rot-, Dam- und Rehwild auch innerhalb einer kurzen Jagdzeit gelingen kann. „Auf dem Gutsbetrieb der Deutschen Wildtier Stiftung werden 65 Prozent des gesamten Jahresabschusses im August und September und damit in zwei Monaten erreicht. Im Januar herrscht Jagdruhe und wir werden auch im April nicht auf Rot- und Rehwild jagen“, betont Münchhausen.

Wege zu einer tierschutzgerechten Rotwildreduktion hat die Deutsche Wildtier Stiftung auf ihrem 9. Rotwildsymposium aufgezeigt. Das zentrale Instrument einer als Projekt verstandenen Reduktion ist dabei die Spätsommerjagd auf Kahlwild.

Den Tagungsband „Der Rothirsch in der Überzahl“ können Sie hier bestellen.

 

 

Röhr es raus! Petition zur Abschaffung von Rotwildbezirken läuft weiter

Der Rothirsch darf in Baden-Württemberg nur in fünf gesetzlich festgelegten Rotwildbezirken existieren. Sie umfassen etwa 4 % der Landesfläche. Kein anderes Bundesland gibt dem Hirsch so wenig Platz zum Leben. Deshalb fordern wir: Mehr Lebensraum für den Hirsch in Baden-Württemberg!

Geben Sie dem Rothirsch Ihre Stimme und unterstützen Sie damit die Petition der Deutschen Wildtier Stiftung!

Hier klicken und zur Petition gelangen: www.HilfdemHirsch.org

Rotwildbezirke Baden-Württemberg

Die Rotwildgebiete in Baden-Württemberg sind der Odenwald, der Nord- und Südschwarzwald, der Schönbuch und die Adelegg im Allgäu.

Die bestehende „Rotwildrichtlinie“ auf Basis einer völlig veralteten gesetzlichen Regelung von 1958 läuft im November 2020 aus. Sie darf aus unserer Sicht nicht verlängert werden! Denn sie verpflichtet Jäger dazu, 96 % der Landesfläche hirschfrei zu halten und die Art außerhalb der Rotwildgebiete auszurotten. So verhindert sie die natürlichen Wanderbewegungen der Tiere, den genetischen Austausch der Populationen und die Besiedlung neuer Landschaften. Der Grund: Forst- und Landwirtschaft haben Angst, dass Hirsche junge Bäume und landwirtschaftliche Kulturpflanzen fressen. In anderen Bundesländern findet daher ein Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Menschen und den Bedürfnissen der Wildtiere statt. Unterzeichne jetzt diese Petition, um die Politik in Baden-Württemberg zum Umdenken zu bewegen!

Wir fordern, die Lebensräume für den Rothirsch in Baden-Württemberg auszuweiten. Er soll im gesamten Schwarzwald ebenso leben dürfen wie auf der Schwäbischen Alb und in weiteren geeigneten Gebieten. Der Hirsch ist ein faszinierendes Wildtier, eine Bereicherung der Artenvielfalt im „Ländle“ und ein großartiges Erlebnis für jeden Naturfreund. Wir sind davon überzeugt: Ein Miteinander von Hirsch und Mensch ist auch in Baden-Württemberg möglich.

 

Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zum Entwurf neuer Jagdzeiten in M-V

Ende November 2019 hat sich das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit Vertretern von Umwelt-, Forst- und Jagdverbänden getroffen, um gemeinsame Strategien für waldangepasste Wildbestände zu entwickeln. Das am Ende der dreistündigen Veranstaltung erarbeitete Positionspapier wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung nicht mit unterzeichnet. In dem nun vorgelegten Verordnungsentwurf des MLU zur Änderung der Jagdzeiten in M-V soll die Jagdzeit für wiederkäuendes Schalenwild weiter verlängert werden – Mecklenburg-Vorpommern würde damit die längsten Jagdzeiten Europas erhalten.

Die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung zu dem vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommerns erarbeiteten Vorschlag, die Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern zu verlängern und die Nachtjagd auf Schwarzwild weiter zu erleichtern, finden Sie hier.

Tierschutzbedenken gegen Nicht-Erlegung von Rotwild

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Um die Wildschweinbestände mit Blick auf die an den Grenzen Deutschlands stehende ASP zu reduzieren, sind den Jagdbehörden derzeit viele Mittel recht: Die Jagd mit Scheinwerfern oder Nachtzieltechnik sind ebenso wenig ein Tabu wie Prämien auf den Abschuss von Wildschweinen. Die oberste Jagdbehörde des Landes Brandenburg hat nun einen noch deutlich weitergehenden Vorschlag gemacht, durch den unter der Bedrohung durch die ASP allerdings nicht die Jagd auf Wildschweine intensiviert werden soll – sondern die auf Rehe und Hirsche. „Mit Begründung der ASP-Prävention möchte das grün-geführte Landwirtschaftsministerium in Potsdam die Jagdzeit auf Reh-, Dam- und Rotwild um anderthalb Monate bis zum 29. Februar verlängern“, sagt Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz bei der Deutschen Wildtier Stiftung. In einem Schreiben vom 17.1. an die Jagdverbände in Brandenburg heißt es dazu lapidar, dass es „tierschutzrechtlich bedenklich“ sei, Rehe und Hirsche bei der Jagd auf Wildschweine nicht gleich mit zu erlegen, von denen es ja im Land sowieso zu viele gäbe. „Es ist schlicht unanständig, die ASP als Vorwand für eine intensivierte Jagd auf die von vielen Förstern ungeliebten Tierarten zu nutzen“, so Kinser weiter.

Mit Beginn der Setzzeit der Wildschweine etwa im Januar steigt auch die Gefahr von Fehlabschüssen führender Muttertiere, die ein Verwaisen und damit einen qualvollen Tod der Frischlinge zur Folge haben. Diese Gefahr ist gerade bei den sogenannten Drückjagden, die von der obersten Jagdbehörde im Land Brandenburg favorisiert werden, groß. Denn bei dieser Jagdart verlassen die Bachen häufig ihre gerade erst geborenen Frischlinge und kommen so einzeln und vermeintlich ohne Frischlinge vor die Schützen und werden erlegt. Die Deutsche Wildtier Stiftung empfiehlt zur ASP-Prävention dagegen in den Monaten Februar bis April vor allem die Jagd an Kirrungen, an denen selektiv die nicht-führenden bzw. männlichen Tiere erlegt werden können. Ganz im Gegensatz zu den Vorschlägen der obersten Jagdbehörde in Brandenburg sollte aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung die Jagd auf reine Pflanzenfresser wie Reh- oder Rotwild ruhen, da jeder erhöhte Energieverbrauch der Tiere automatisch zu einem erhöhten Nahrungsbedarf und damit zu erhöhten Fraßeinwirkungen an der Waldvegetation führt.

Freiheit für den Rothirsch in Baden-Württemberg!

Die Deutsche Wildtier Stiftung hat am 11. Dezember die weltweit erste geröhrte Petition an Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, übergeben. Doch statt Körben mit Unterschriftenlisten gab es einen Stick mit einer Audiodatei. Zu hören sind fast 10 Stunden Hirschröhren. „Mittlerweile fordern über 30.000 Naturfreunde mit uns gemeinsam mehr Lebensraum für den Rothirsch in Baden-Württemberg“, erläutert Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Für die geröhrte Petition zählt jede Unterstützerstimme mit einer Sekunde Hirschröhren!

Rothirsch-Petition läuft weiter

Die Petition läuft auch nach der Übergabe der ersten 30.000 Stimmen weiter. Geben sie auf www.change.org weiterhin Ihre Stimme ab!

Bei der Übergabe zeigte sich der Minister zwar gesprächsbereit, verwies aber nur auf den noch nicht vorliegenden Managementplan für das Rotwild Gebiet Nordschwarzwald. „Wir brauchen nicht mehr Papier, sondern einen beherzten Schritt in eine neue Rotwildpolitik“, fordert der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung.

Mitte September startete die Deutsche Wildtier Stiftung ihre Online Petition auf www.HilfdemHirsch.org. Worum geht es bei der Petition? In Baden-Württemberg darf Deutschlands größtes Säugetier nur in fünf gesetzlich ausgewiesenen Rotwildgebieten leben. „Das sind gerade vier Prozent der Landesfläche“, kritisiert Münchhausen. „Außerhalb dieser fünf voneinander isolierten Rotwildgebiete müssen die Tiere erschossen werden. Wir fordern, die Lebensräume für den Rothirsch in Baden-Württemberg auszuweiten.“

Auch nach der Übergabe wird weiter um Unterschriften für den Rothirsch geworben, denn 2020 läuft die Rotwildrichtlinie des Landes Baden-Württemberg aus. Diese Richtlinie, die verhindert, dass sich die Tiere ausbreiten können, darf nicht einfach verlängert werden. „Wir werden mit allen Naturfreunden gemeinsam weiter dafür kämpfen, dass der Rothirsch zukünftig im ganzen Schwarzwald leben und neue Gebiete in Baden-Württemberg wie die Schwäbische Alb besiedeln darf“, so Münchhausen.

Argumente für die Abschaffung der Rotwildbezirke

Der Rothirsch kann im Gegensatz zu anderen Wildtieren seinen Lebensraum in Baden-Württemberg nicht selbst bestimmen. Eine Verordnung aus dem Jahr 1958 legt fest, wo der Rothirsch leben darf und wo nicht. Ein Lebensrecht hat der Rothirsch nur in fünf ausgewiesenen Rotwildbezirken. Alle Regionen außerhalb dieser Gebiete müssen per Totalabschuss hirschfrei gehalten werden. Die Rotwildbezirke umfassen weniger als 4% der Landesfläche, d.h. 96 % Baden-Württembergs sind ein „No Go Area“ für den Rothirsch. Die auf der Verordnung von 1958 aufbauende Rotwildrichtlinie läuft 2020 aus – eine Chance für eine bessere Rotwildpolitik!

Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert das Land Baden-Württemberg auf, die Rotwildbezirke abzuschaffen und dem Rothirsch mehr Lebensraum zu geben!

  • Ob Reh, Wildschwein oder Wolf – alle Wildtiere suchen sich für sie geeignete Lebensräume. Kommt es dabei zu Konflikten mit den Nutzungsinteressen des Menschen, müssen diese gelöst werden. Die Lösung darf jedoch nicht heißen, Wildtiere großflächig zu vernichten. Die durch den Nahrungsbedarf ausgelösten Fraßeinwirkungen des Rotwildes in der Feldflur und im Wald sind kein hinreichendes Argument, diese Tierart nur in winzigen „Reservaten“ zu dulden und sie außerhalb vollständig abzuschießen. Durch ein umfassendes Management unter Einbindung aller relevanten Akteure lassen sich Schäden in der Land- und Forstwirtschaft reduzieren, u.a. durch veränderte Jagdmethoden und das Schaffen von Äsungsflächen.
  • Der Rothirsch ist Teil unserer Artenvielfalt und trägt als großer wildlebender Pflanzenfresser zur Erhaltung der Biodiversität bei. Nahrungsaufnahme und Wanderbewegungen der Tiere schaffen Mikrohabitate und verbreiten Pflanzensamen. Auch der Verbiss oder das Schälen von Bäumen sind aus ökologischer Sicht keine Schäden.
  • Langfristig bleiben vitale Rotwildpopulationen nur erhalten, wenn ein genetischer Austausch möglich ist. Solange der Lebensraum der Tiere in Baden-Württemberg auf fünf kleine und untereinander nicht vernetzte Areale begrenzt wird, besteht die Gefahr einer Inzuchtdepression durch zunehmende genetische Verarmung.
  • Da der Rothirsch bevorzugt tradierte Wanderrouten nutzt, können mögliche Kollisionen im Straßenverkehr durch Wildbrücken u.a. auf Grundlage des für Baden-Württemberg existierenden Generalwildwegeplans reduziert werden.
  • Der Rothirsch sollte auch in Baden-Württemberg für Naturfreunde erlebbar werden. Es besteht zurzeit kaum eine Chance, den Rothirsch in freier Wildbahn zu beobachten. Dabei ist das Tier eng mit der Landeskultur verbunden und das Erlebnis großer Wildtiere stärkt und fördert die Sensibilität und Akzeptanz der Öffentlichkeit für den Arten- und Naturschutz. Aufbauend auf den Konzepten im Südschwarzwald und im Schönbuch sind vor allem Nationalparke und Biosphärengebiete gefordert, das Erlebnis von Wildtieren für den Menschen zu ermöglichen.

 

Win-Win für Wild und Wald

Auf dem heutigen „Nationalen Waldgipfel“ in Berlin, zu dem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geladen hat, sollen Strategien für eine vitale Zukunft der deutschen Wälder gefunden werden. Dass damit auch eine große Chance zur Verbesserung der Lebensräume heimischer Wildtiere gegeben ist, unterstreicht die Deutsche Wildtier Stiftung in ihrem heute veröffentlichten Positionspapier „Wild und Wald“ zum Umbau der Wälder.

„Wälder sind sehr viel mehr als nur die Summe ihrer Bäume“, sagt Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. „Wälder sind auch Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten.“ Mehr noch: Wälder werden umso artenreicher, je mehr offene und sonnendurchflutete Lichtungen vorhanden sind. Mit Weiden oder Zitterpappeln bewachsene Wegränder sind zum Beispiel ein Hotspot der Insektenvielfalt. Und Waldwiesen beherbergen eine Vielzahl seltener und auch vom Aussterben bedrohter Pflanzenarten, die auf landwirtschaftlich genutztem Grünland längst verschwunden sind. Ganz nebenbei tragen solche Strukturelemente in den Wäldern auch zur Entlastung der Baumvegetation vor Wildverbiss bei.

„In der Debatte um einen klimaangepassten Waldumbau wird von vielen Akteuren die drastische Reduktion der Reh- und Rothirschpopulationen gefordert“, so Kinser. Die Deutsche Wildtier Stiftung unterstreicht in ihrem Positionspapier „Wild und Wald“ jedoch, dass Jagd nur ein Baustein für das Gelingen des Waldumbaus sein kann. „Wenn der Waldumbau dazu genutzt wird, zukünftig mindestens ein Prozent der Waldfläche als besonders wertvollen Wildtierlebensraum vorzuhalten, könnten die aktuellen Waldschäden in einigen Jahren zu einer Win-win-Situation für Wild und Wald führen.“

Download

Wild und Wald – Positionspapier zum Umbau der Wälder unter Berücksichtigung ihrer Funktion als Lebensraum der Wildtiere

Tagungsband zur tierschutzgerechten Rotwildreduktion veröffentlicht

Mit „Der Rothirsch in der Überzahl“ hat die Deutsche Wildtier Stiftung Anfang August ein Buch über die Rotwildreduktion unter Einhaltung des Tierschutzes veröffentlicht. Die Publikation dokumentiert die Vorträge und Diskussionen des 9. Rotwildsymposiums, das 2018 in Bad Driburg stattgefunden hat. Den 200 Seiten umfassenden Band erhalten Sie gegen eine Schutzgebühr in Höhe von 14,90 € inkl. Versandkosten unter Telefon 040 9707869-0 oder über unser Bestellformular.

In den über 25 Jahren ihres Bestehens hat die Deutsche Wildtier Stiftung kein Wort über die Dichte von Rotwildpopulationen verloren. Maßstab ihres Engagements war, ist und bleibt das Wohlbefinden der überlebenden Population. Und gerade deshalb war das Thema des 9. Rotwildsymposiums, die tierschutzgerechte Rotwildreduktion, geradezu ein Paradethema für die Deutsche Wildtier Stiftung. Denn Rotwildreduktion bedeutet sehr viel mehr als heiß geschossene Gewehrläufe! Es ist verantwortungslos, dass sich bisher weder Waldeigentümer- oder Forstverbände noch Natur- oder gar Tierschutzverbände mit den vielfältigen Herausforderungen bei der Reduktion von Rotwildpopulationen auseinandergesetzt haben.

Tagungsband Rotwildreduktion

Der Tagungsband des 9. Rotwildsymposiums zeigt Hintergründe der Populationsdynamik beim Rotwild sowie Voraussetzungen und Jagdstrategien, um Rotwildpopulationen tierschutzgerecht in einem begrenzten Zeitraum zu reduzieren. Dazu gehören weder verlängerte Jagdzeiten noch die Nachtjagd. Eine als Projekt und nicht als Dauerzustand begriffene Rotwildreduktion gelingt in kompetenten und durchsetzungsfähigen Hegegemeinschaften. Ihr wichtigstes Instrument ist die Spätsommerjagd zur Erlegung von Kalb-Alttier-Doubletten. 

Inhalt des Tagungsbandes

Bad Driburger Erklärung: Empfehlungen zur Reduktion von Rotwildbeständen unter Einhaltung des Tierschutzes

Grusswort (Prof. Dr. Fritz Vahrenholt; Alleinvorstand Der Deutschen Wildtier Stiftung)

Wieviel ist zu viel?

Nachhaltige Jagd oder tierschutzgerechte Reduktion? Der schmale Grat zwischen viel und zu viel (Hilmar Freiherr v. Münchhausen)

Wann ist „viel“ zu viel? Zur Bedeutung der Rotwilddichte im Rahmen eines zeitgemässen Managements (Sven Herzog)

Wieviel ist viel? Methoden und Ergebnisse moderner Schalenwilderfassung (Reinhild Gräber)

Faktoren der Populationsdynamik

Geschlechterverhältnis der Kälber – kein Zufall beim Rotwild (Sebastian G. Vetter & Walter Arnold)

Auswirkungen der Abschussstruktur auf die Populationsentwicklung beim Rotwild (Andreas Kinser, Benno Wölfing, Hilmar Freiherr V. Münchhausen, Reinhild Gräber & Ursula Siebert)

Vom Wissen zum Handeln: Praxiserfahrungen für eine tierschutzgerechte und erfolgreiche Rotwildreduktion

Der tierschutzgerechte Alttier-Abschuss: Schlüssel zur Reduktion (Fritz Völk & Josef Zandl)

Tierschutzgerechte Alttierbejagung auf Bewegungsjagden: Bestandsaufnahme des Gesäugestatus erlegter Alttiere (Olaf Simon & Johannes Lang)

Jagdliche Infrastruktur und jagdlicher Verzicht: Schlüssel für eine effektive Einzeljagd (Burkhard Stöcker)

Erfolgreiche und tierschutzgerechte Rotwildreduktion im Südschwarzwald (Hubert Kapp)

Einfluss auf die Bestandsdynamik beim Rotwild in der Hegegemeinschaft Rothemühl (Michael Hock)

Konflikte und Lösungswege im Rotwildverbreitungsgebiet „Senne-Teutoburger Wald-Egge“ (Michael Petrak, Martin Müller & Alexander Klug)

Die tierschutzgerechte Rotwildreduktion aus Sicht…

…der Jagdverbände (Gundolf Bartmann)

…der Grundeigentümer (Clemens Freiherr v. Oer)

wissenschaftliche Kurzbeiträge

40 Jahre Rothirschmarkierung und -besenderung als Grundlage für das Management (Flurin Filli & Hannes Jenny)

Telemetrische Untersuchungen zur Interaktion von Alttier und Kalb beim Rotwild – eine individual-basierte Pilotstudie (Ulf Hettich & Ulf Hohmann)

Alte Hirsche – wie viele sollten es sein? (Dieter Holodynski)

Praxisbeispiele zur Anwendung der Scheinwerfertaxation aus drei unterschiedlichen Rotwildlebensräumen und Bundesländern (Karsten Hupe & Olaf Simon)

Beweidung mit wildlebenden Rothirschen: Auswirkung der Nahrungsqualität auf die Raumnutzung (Laura Richter, Christoph Raab, Friederike Riesch, Johannes Signer, Bettina Tonn, Marcus Meissner, Horst Reinecke, Sven Herzog, Johannes Isselstein & Niko Balkenhol)

Beweidung mit wildlebenden Rothirschen: Effektives Management zum Erhalt von FFH-Grünland? (Friederike Riesch, Bettina Tonn, Christoph Raab, Laura Richter, Johannes Signer, Horst Reinecke, Marcus Meißner, Sven Herzog, Niko Balkenhol & Johannes Isselstein)

Wildbestandserfassung als Aufgabe und Basis für die Arbeit von Hegegemeinschaften – Beispiele aus der Praxis (Olaf Simon, Johannes Lang & Karsten Hupe)